• 14. Mai 2012 12:06
  • Der tägliche Wahnsinn geht weiter!

    Ich komme grad wieder aus der Dusche - war vorher wieder anderthalb Stunden walken. Auch wenn ich heute kein solches Hochgefühl hatte wie gestern, geht es mir gut und ich fühle mich wohl. Nur mein Rücken sagt mir: "Vergiss mich nicht!", weshalb ich heute Abend noch eine halbe Stunde Pilates und Yoga anschließen werde. Dann hätte ich für die Woche schon 2 Stunden Sport auf meinem inneren Sportkonto - kein schlechter Anfang. :-)

    Gestern abend waren wir ja essen, ich hatte einen total leckeren Kartoffel-Spinatauflauf mit Käsesauce - nichts für die schlanke Linie, aber ich hab ja vorgesorgt. Und zu guter letzt gab es danach in unserer Lieblingseisdiele eine Kugel Eis - mein heiß geliebtes Weiße-Schokolade-Eis. Um das schlechte Gewissen zu beruhigen, haben wir aber noch einen Spaziergang von etwa einer Dreiviertelstunde gemacht - so kam ich dann über den Tag auf über 18.000 Schritte, was ja kein schlechter Wert ist. Also, das Eis und das Essen dürfte nicht angesetzt haben. :-) (Nebenbei: Den Auflauf habe ich auch gar nicht aufessen können, obwohl ich das so gern gewollt habe.)

     

    Und weil gestern bekanntlich Muttertag war, haben wir natürlich auch mit Schwiemu telefoniert, die gerade bei der Verwandtschaft in Bayern ist. Nachdem mein Liebster seiner einen Tante schon von meiner Abnahme erzählen musste, erzählte Schwiemu das dann allen, die es hören wollten. Ich finde es ja sehr schön, dass sie so stolz auf mich ist - aber ich wollte wenigstens von Schatzis anderer Tante ein ganz überraschtes Gesicht sehen. Nix da - und die Adresse der hiesigen Seite wollte die andere Tante dann auch gleich haben. Mal schauen, ob sie sich hier anmelden mag - ich seh sie ja nächsten Monat, dann kann ich mal Rücksprache halten.

    Da ich ja wieder walken war, habe ich mir auch wieder meine Gedanken gemacht - dafür ist walken einfach ideal. Und in mir kam wieder der Gedanke hoch, wie furchtbar oberflächlich unsere Gesellschaft doch ist. Mir ist es egal, wenn irgendwer kräftig ist - so lange sich die betreffende Person wohl fühlt, ist alles in Butter. Aber es gibt so viele, die den Menschen hinter dem Körper nicht sehen - können oder wollen, sei mal dahin gestellt. Und mich ärgert es oft maßlos, dass einem schlanken Menschen automatisch unterstellt wird, er sei disziplinierter, sportlicher und fitter als ein kräftiger Mensch. Und Attraktivität, die ohnehin im Auge des Betrachters liegt, lasse ich hier außen vor. Ich habe im Freundeskreis so manches Mädel, das einfach essen kann, was sie will, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Beneidenswert! Aber wenn die in einen Fast Food-Tempel geht, wird sie nicht dumm angeschaut, wenn sie sich zwei Menüs bestellt. Wenn meinereiner aber einen Burger bestellte, fühlte ich mich immer wahnsinnig beobachtet und wie auf dem Präsentierteller. Ich meine dann auch immer die Gedanken lesen zu können: "Kein Wunder, dass die so fett ist." Dass ich immer bedeutend weniger aß als meine Freundinnen, war ja für niemanden offensichtlich. Scheinbar heißt es bei vielen: fett=gefräßig=faul. Dass ich so manche schlanke Freundin beim Sport schon mit deutlich mehr Kilos abhängen konnte, war natürlich zweitrangig, das sieht ja keiner.

    Ich will ja nicht sagen, dass ich einer schlanken Person ihre Figur nicht gönne - im Gegenteil, ich wünsche jedem so zu sein, wie er sich wohl fühlt. Aber dieses blöde Schubladendenken regt mich so wahnsinnig auf. Zumal immer wieder von Ärzten betont wird, dass einige Kilos mehr überhaupt kein gesundheitliches Problem darstellen - wobei der Übergang ja scheinbar fließend ist. Ich war mit einem BMI von knapp 34 laut Ärzten gesundheitlich gut aufgestellt, hatte tolle Blutwerte (abgesehen von den Entzündungen durch meine Erkrankung), einen eher zu niedrigen Blutdruck und ein super Lungenvolumen. Nach gängiger Definition war ich bereits fettleibig, aber körperlich war ich scheinbar ok. (Dass meine Fitness bisweilen nicht die beste war, lag natürlich schlichtweg am fehlenden Training, das auch bei schlanken Leuten wichtig ist.) Aber jeder, der keine Ahnung davon hatte, meinte sicherlich (wenn ich Beschwerden hatte): Das kommt eben von dem vielen Gewicht. Natürlich - ich habe mich nicht wohl gefühlt - aber das ist auch der einzige Grund, warum ich abnehmen muss. Nicht, weil ein Arzt der Überzeugung war oder mich die Blicke der anderen so sehr gestört haben. Ich muss nur abnehmen, um mich selbst wieder gut zu finden - was ja an mir als Menschen nichts ändert. Und hier komme ich zum zweiten Punkt, der mich ärgert: Aktuell denke ich mir IMMER, wenn ich angeflirtet werde, dass sie das nicht getan hätten vor einem halben Jahr, als ich noch einiges mehr auf den Rippen hatte. Wer hier einwirft, dass man nun einmal zuerst das Äußere wahr nimmt und daher jemanden sympathisch findet, hat durchaus Recht (und auch in dick wurde ich angeflirtet, nur nicht so häufig). Aber ich erinnere mich, als ich noch blond war - damals wurde ich ständig angebaggert (mit normaler Figur), während ich direkt darauf mit dunklen Haaren weit weniger Baggerversuche über mich ergehen lassen musste. Kerle wollten mich kennen lernen, weil sie mich hübsch fanden - nicht, weil ich ein netter (oder weniger netter) Mensch bin. Und das ärgert mich, ehrlich gesagt. Abgesehen davon, kann ich Baggerversuche ohnehin nicht leiden - mich konnte ein Mann bislang nur näher kennen lernen, wenn er mich erst in ein Gespräch verwickelt hat und mir zu verstehen gab, an mir als Mensch interessiert zu sein. Aber das ist von den meisten nicht gewollt - ein Teufelskreis.

    Mir fällt auch überhaupt kein Ausweg aus der Misere ein. Man kann ja niemanden zwingen, sich für andere Menschen zu interessieren. Aber etwas mehr Toleranz und Verständnis täte uns allen gut. Übrigens mag ich auch dicke Menschen nicht, die über andere dicke herziehen - da kenne ich so einige und finde das immer wahnsinnig enttäuschend, denn sie selbst wollen nicht, dass man über sie so redet.

    Der Körperkult in den Medien wird mir aktuell auch etwas zu viel. Da wird über den "Speck" von schlanken Menschen geredet (gerade in Berichten über Promis ein beliebtes Thema), womit ein wirklich ungesundes Körperbewusstsein vermittelt wird. Ich kann mich da nicht von frei machen - auch wenn ich es niemals erreichen kann, würde ich so wahnsinnig gern aussehen wie ein Model. Warum? Weil mir schon die Barbie zeigte, wie eine gute Frau auszusehen hat. (Auch wenn Barbie als lebende Frau nicht laufen könnte, da ihre Proportionen viel zu unmenschlich sind.) Weil uns im Fernsehn nur schlanke Frauen entgegenblicken und die dicken irgendwie immer die Looser sind. Kumpeltypen, aber begehrenswert ist nur die Figur der dünnen Sexbombe, aufgepumpt mit viel Silikon. Es ist total blöd, dass ich einen so schlanken Körperbau für erstrebenswert halte - aber ich weiß auch, dass man immer das will, was man selbst nicht haben kann. (Immerhin ist auch das Gras auf der Nachbarswiese viel grüner.) Ich kenne genug sehr schlanke Frauen, die im besten Falle bis drei zählen können - aber sie sehen toll aus, was sollten sie auch mehr? Wenn man mich in der Schule mal dick nannte (kam ja durchaus vor, wenn man nicht super schlank war), meinte ich immer: "Ich bin dick und du bist doof. Ich kann abnehmen - aber was kannst du?" Lieber ein paar Kilo mehr auf der Waage (oder eine Kleidergröße mehr wegen der breiten Hüften), als ein IQ knapp unter Raumtemperatur wenns friert.

    Vor Jahren habe ich mir geschworen: Ich werde nie wieder hungern.

    Denn als Jugendliche habe ich oft gehungert, ohne dass ich schlanker wurde - damit habe ich mir nur den Stoffwechsel ruiniert. Bei MM habe ich gelernt, wieder normal zu essen. Und dafür bin ich so dankbar! Wenn ich dann irgendwann eben die 55kg nicht packen sollte, sondern bei beispielsweise 58kg stecken bleiben sollte - who cares? Wer kann mir Vorwürfe machen? Ich neige nun einmal von Natur aus zu einem dicken Körperbau, aber quälen werde ich mich nicht, um schlank zu sein. Ich habe heute das erste Mal in den Spiegel geblickt und mir gedacht: "Du bist langsam gut so, wie du bist." Ich weiß nicht, ob es damit zusammen hängt, dass ich aktuell diese Worte häufiger gehört habe, aber ich denke mir, dass ich im Vergleich zum letzten Herbst ja richtig gut wieder aussehe. Mein Doppelkinn wird immer weniger und man sieht es kaum noch auf Fotos - ich bekomme die letzten Wochen richtige Gesichtskonturen, habe ich beim Fotovergleich festgestellt. Und das ist noch eine schöne Sache: Ich fotografiere mich selbst wieder und lasse mich wieder fotografieren. Vor nem halben Jahr bin ich fast ausgetickt, wenn man mich fotografiert hat - Ich wollte schlichtweg nicht sehen, wie dick ich war. Und wenn ich es nicht sehe, kann es ja nicht so schlimm sein?

    Für die Zukunft nehme ich mir vor, mich nicht mehr bei Fotos wegzuducken, sondern mutig in die Linse zu blicken. Und ein Shooting werde ich in den nächsten Monaten machen - habe für meine Kamera ja eine Fernbedienung, mit der ich den Auslöser timen kann. Und als schönsten Ansporn hat mein Schatz mir versprochen, dass wir an unserem zehnten Hochzeitstag noch mal ganz herausgeputzt feiern und ich ein traumhaftes Kleid bekomme, wenn ich dann noch mein Wunschgewicht habe. (Bei meinem Glück bin ich dann wahrscheinlich schwanger, so dass es nix wird mit dem tollen Kleid.)

    Auf alle Fälle blicke ich wieder sehr positiv in die Zukunft - und habe mir vorgenommen, keine so dicke Mutter zu werden wie meine es war. Denn in meinem Alter konnte sie nicht mehr mit uns spielen, nicht mehr tollen und an Ausflüge war auch nicht mehr zu denken, das verpackte sie nicht. Und wie es mit einem so starken Übergewicht endet, habe ich leider an ihr gesehen. In diesem Sinne war sie für mich ein großes Negativbeispiel, das mich immer wieder zu einer gesunden Ernährung und Bewegung motiviert - wenn ich mal ein Kind haben sollte, will ich, dass es viel von mir hat und viel mit mir erleben kann. Und bis dahin ist meine Selbstzufriedenheit ein weiterer Grund, warum ich abnehmen muss.

    In diesem Sinne wünsche ich allen meinen Lesern einen schönen Tag.