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04. Okt 2015 - Selbstbewusstsein und Alter

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    • 04. Okt 2015 12:35
    • Wow, liebe kimimnet, da hab ich ja eine ganze "Gedankenflut" bei dir ausgelöst!
      Ich finde das Ganze sehr interessant.

      Und jetzt geht es mir wie dir, meine "neuen" Gedanken gehören wohl auch eher in meinen eigenen Blog!
      (Hab gerade auch kopiert und werde "verlagern")

      Nur soviel: Es steckt so viel in jedem von uns, das wir vergessen haben wahrzunehmen.
      Und: Es ist so schön, das alles wiederzuentdecken!
      Ich freue mich, dass wir hier die Möglichkeit haben, diesen Weg ein Stück weit gemeinsam zu gehen.

      Ganz liebe Grüße
      von
      Karfunkel
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    • 04. Okt 2015 10:50
    • Ich hatte gerade die Zeit, mal in Blogs zu stöbern.
      Da war es sehr schön, mal zu lesen, wie ähnlich wir uns zum Teil sind.
      All das, was ich geschrieben habe, hatte ich zunächst als Kommentar an Karfunkel formuliert, stellte dann aber fest, dass es ja eher ein "Selbstgespräch" geworden ist.
      Deshalb habe ich es vor dem Absenden schnell kopiert und werde es mal lieber bei mir selbst in den Blog setzen, bevor ich den Blog von Karfunkel womöglich damit "crashe".
      Für den Gedankenanstoß werde ich mich aber in jedem Fall noch bei ihr bedanken.
      Es ging darum, dass wir so gerne nach Bestätigung von Außen suchen.
      Hier war es die Tatsache, dass der altersabhängige BMI ihr bescheinigt hat, dass sie nach ihrer Gewichtsabnahme "normal" sei, d.h. jetzt nicht mehr zu den Übergewichtigen gehört.
      Das eigene Wohlbefinden hatte sich ja zum Glück schon ganz gut eingestellt, hatte aber durch die Bestätigung durch den BMI nochmal eine andere Qualität erfahren. Es ist toll, dass das zwar noch ein kleines zusätzliches "Bonbon" ist, das eigentliche Wohlbefinden aber schon aus ihr selbst heraus gekommen war.

      Es geht bei dem, was ich schreibe, demnach um die Balance und den wechselseitigen Einfluss von Selbst- und Fremdwahrnehmung.

      Meine These:
      Direkt ist es in jedem Fall die eigene Selbstwahrnehmung und das "sich Wohlfühlen", was den eigenen Alltag beeinflusst. Deshalb lohnt es sich aus meiner Sicht in jedem Fall, auch hierauf immer mal einen Blick zu werfen.

      Viele, mich eingeschlossen, sind halt so erzogen, sehr stark auf die Außenwirkung zu achten, bei dem, was man tut oder nicht tut etc...

      Sich selbst dabei hinten anzustellen oder gar in gewisser Weise dabei "aufzuopfern", wird dabei als "normal" betrachtet.

      Um es vorweg zu nehmen: Ich bin und bleibe ein Gegner von "Egozentrik". Da werde ich auch nie komplett aus meiner Haut können und wollen.
      Dennoch ist es für mich sehr hilfreich, zumindest mal in mich hineinzuhören und im Zweifel nichts mehr zu machen, von dem ich mir bei Dritten eine positive Reaktion erhoffe.

      Ich liebe meine Eltern, da geht kein Weg dran vorbei. Und egal wie, ich stehe heute ja an einem Punkt, an dem ich sehr gut mit mir leben kann :-) (putzige Formulierung, wenn man sie sich auf der Zunge zergehen lässt.)

      Bei den Ernährungsgestörten ist aus meiner Sicht aber der Anteil derer, die ein Problem mit sich und der Welt haben, sicher relativ hoch. Das gilt aber auch für alle anderen Menschen mit Suchtverhalten. Insoweit ist auch das nichts Exotisches. Es gibt sicher auch keine Messlatte dafür, die das Ausmaß der Probleme mit dem Ausmaß des Suchtverhalten ins Verhältnis setzen kann.
      Deshalb kann es ja nur das Ziel sein, die (hier negativen) Auswirkungen von Problemen auf das eigene Wohlbefinden so gering wie möglich zu halten.

      Und da wiederum, habe ich in meinem Leben zum Glück auch viele positive Beispiele erleben dürfen, von denen ich in Krisenzeiten zehren kann.

      Schön wäre für mich aber gewesen, wenn ich von zu Hause her schon als Kind etwas mehr Selbstbewusstsein mit auf den Weg bekommen hätte.

      Ich kann meiner lieben Ma keinen Vorwurf machen, obwohl ich mir relativ sicher bin, dass ich ganz viel da von ihrer Seite aus mitbekommen habe.

      Für Erfolge wurde ich als Kind sehr gelobt. So wurde ich zur "Streberin". Ich habe das zwar selbst als Kind nicht so stark empfunden, da mir Lernen und Wissen wirklich auch Freude bereitet haben und ich mich dafür entsprechend nicht wirklich quälen musste (Ich hatte insgesamt eine sehr schöne Kindheit, da gibt es nichts dran zu meckern).

      Dennoch steckte schon sehr früh tief in mir der Wunsch, anderen, speziell meinen Liebsten, gefallen zu wollen.
      Ich kann mich deshalb noch heute an den Schmerz erinnern, den mir die Nachfrage meiner Mutter bereitet hat, als ich mal "nur" eine 3 + in der Schule geschrieben hatte, warum es denn nur eine 3 geworden sei. Mir selbst hatte die 3 + bis dahin noch nicht so viel ausgemacht...war im Klassenschnitt ja auch vollkommen normal (aha!).
      Die sicher nicht böse gemeinte Bemerkung meiner Mutter kam für mich, die sonst viel Gelobte, fast einer Ohrfeige gleich.

      Viel später habe ich realisiert, dass meine Mutter selbst sich besonders stark über die Wahrnehmung Dritter definiert.
      Sie konnte halt auch nicht aus ihrer Haut. Ganz genau weiß ich natürlich nicht, warum das so stark bei ihr ausgeprägt war, dass ihr die Meinung anderer Leute so wichtig war, ich kann mir aber gut vorstellen, dass der Verlust ihres Vaters in frühen Kindertagen und das anschließende Leben, das kein Zuckerschlecken war, viele Unsicherheiten hinterlassen hat.
      Und viel mehr war es bei mir ja auch nicht: eine große Unsicherheit und das Gefühl, dass man sich mit zusätzlicher Bestätigung von Außen viel wohler fühlt.

      Schon seit vielen Jahren habe ich inzwischen aber lernen dürfen, dass es viel mehr auf mein eigenes Gefühl ankommt.
      Es ist dehalb inzwischen für mich wichtiger geworden, auf mich selbst zu achten als zu sehr nach den anderen zu schielen.

      Von daher kann ich mit Kritik o.ä. inzwischen wesentlich besser umgehen.

      Ich möchte gerne geliebt und gemocht werden, soviel ist klar. Das steckt wohl in uns allen als eine Art Grundbedürfnis drin. Ich kann aber inzwischen auch akzeptieren, wenn ich nicht zu jeder Zeit und jedermanns "Darling" bin.

      Als Harmoniemensch erwische ich mich zwar auch noch oft dabei, dass ich selbst versuche, Anstrengungen zu unternehmen, etwas gerade zu rücken, was andere in Schieflage gebracht haben oder wie früher "angepasst" zu handeln..
      Ich halte aber meist nochmal kurz inne, befrage mich, und wenn es dann dabei bleibt, ist es eher eine bewusste Entscheidung und nicht mehr wie früher ein diffuses Getrieben sein.

      Es fällt mir auch nicht mehr so schwer wie früher, überhaupt zu erkennen, was meine eigenen Bedürfnisse in bestimmten Situationen sind.
      Von daher hat sich nach Außen an meinem Verhalten gar nicht so viel geändert. Man ist halt auch wie man ist.
      Ich kann zum Glück auch sehr gut über mich selbst schmunzeln, wenn ich doch mal wieder nach altem Verhaltensmuster vorschnell "ja" gesagt habe o.ä..

      Egal, was es ist, ich bin mir selbst gegenüber etwas milder, bzw. gerechter geworden.

      Rein praktisch war es nämlich in der Vergangenheit oft so, dass ich selbst mein schärfster Kritiker war.

      Die "Kritik" meiner Mutter an der Schulnote war ja nur eine minimale Randnotiz. Sie ist bei mir aber unverhältnismäßig stark hängen geblieben.
      Ich kenne tausende von "Beweisen", dass meine Mutter mich dennoch liebt / geliebt hat, und per Saldo war ich ja ein sehr glückliches Kind.

      Dennoch konnte ich das Gefühl, ggf. nicht gut genug zu sein, nie ganz ablegen. Inzwischen hat es sich aber sehr gut relativiert.
      Vermutlich aufgrund der Erkenntnis, dass das Streben nach Perfektion ganz schön negative Auswirkungen haben kann.

      Mir hat im Laufe meines Lebens oft leid getan, dass meine Mutter sich aus meiner Sicht selbst das Leben schwerer als nötig gemacht hat, nur weil sie meinte, dies und das noch perfekt machen zu müssen. Der Satz "Was sollen die Leute sonst sagen?" kam zwar nicht so oft, aber sie hat sich ordentlich beteiligt im Wettlauf um den schönsten und ordentlichsten Garten, die perfektesten Torten und Plätzchen, das perfekteste Outfit etc..
      Wenn sie dabei immer fröhlich gewesen wäre, wäre es für mich auch o.k. gewesen. Oft hat man ihr den selbst auferlegten Druck aber leider angemerkt.
      Schade, dass ich sie da nicht raus holen konnte. Sie war aber unterbewusst vermutlich immer auf der Suche nach den bis zu 50 Prozent "verpasster" Liebe aus der Kindheit, denn meine ebenso liebe Oma konnte rein praktisch den fehlenden Vater und die Vaterliebe wahrscheinlich nie ganz ersetzen.

      Schön ist inzwischen für mich, dass aber auch meine Mutter selbst eine große Dankbarkeit für ihr Leben empfindet. Von daher, mache ich mir jetzt dahingehend auch nicht mehr so viele Gedanken.

      Ich selbst habe im Vergleich zu ihr ja das Glück, dass ich als Kind eigentlich nichts wirklich vermissen musste. Lediglich die Ausprägung, wie sich die Liebe in meiner Familie nach Außen gezeigt hat, war halt oft eher irgendwie an Leistungen festgemacht.

      Heutzutage hat man darüber ja schon viel gelesen. Meine Ma hat aber eben auch nur so gehandelt, wie sie es kannte.
      Sie war halt leider nicht so der Typ, der einfach nur mal so zwischendurch seine Liebe durch ein Knuddeln o.ä. gezeigt hätte.

      Dennoch gab es so viele "Beweise" für ihre Liebe, die ich aber auch teilweise erst als Erwachsene richtig einordnen kann.
      Unterbewusst war ich mir ihrer Liebe ja auch recht sicher, sonst könnte ich nicht behaupten, dass ich eine schöne Kindheit gehabt hätte.

      Es ist aber doch sehr erstaunlich, wie selbst die kleinen " Abweichungen von der Mitte" einen doch beeinflussen.
      Bei mir war es halt die gezeigte Freude innerhalb meiner Familie, wenn ich etwas besonders gut, früh o.ä. gemacht hatte. Das hat irgendwie geprägt, was mich immer weiter nach Anerkennung etc. hat streben lassen.

      Meine eigenen Kids habe ich davon auch nicht ganz fern halten können.
      Die Dinge wiederholen sich in Varianten bei uns in der Familie.

      Meine Mutter, ich, meine Tochter: Relativ gesehen sind wir Frauen in unserer Familie die Angepassten, Braven und Strebsamen.

      Mein Vater, mein Bruder, mein Sohn sind da jeweils anders: nicht so angepasst, weniger brav und strebsam.

      Von daher sollte ja vielleicht doch auch mal untersucht werden, welchen Einfluss die Chromosomen hier haben, haha.

      Insgesamt sind wir eine tolle Familie und jeder hat das Wohl der anderen in Auge. Und das ist es, was ich ja auch so schön finde: Das Wohl der Anderen im Auge haben, aber das eigene Wohlbefinden dabei nicht komplett vernachlässigen.

      Der erste Teil des Satzes ist bei uns halt eher gut ausgeprägt und auf den zweiten Teil sollten wir alle halt immer mal achten, damit das nicht zu kurz kommt.

      In meinem Leben war es dabei halt die Ernährung, die (fehlgeleitet) oft als Ventil o.ä. herhalten musste. Das wiederum ist interessanterweise eher bei meinem Vater und meinem Bruder vergleichbar.

      Meine Mutter hatte kein solches "Suchtventil", da wurde allenfalls das Streben nach Perfektion selbst zur Sucht.
      Leider hat erst ein schwerer gesundheitlicher Schlag sie davon abgebracht.

      Meine Kids sind nach äußeren Maßstäben diejenigen, bei denen die wenigsten suchtgeprägten Verhaltensweisen sichtbar werden.
      Ich wünsche ihnen wirklich sehr, dass das auch immer so bleibt.
      Auch ich werde, wie meine Eltern bei mir, ihnen nicht sämtliche Probleme vom Leib halten können.
      Mindestens wünsche ich ihnen aber, dass sie hausgemachte Probleme möglichst früh als solche erkennen und entsprechend handeln können und dass sie bei Bedarf auch gerne Hilfe annehmen.

      Die Hauptsache für uns alle ist ja, dass wir gut durchs Leben kommen. Jeder so, dass er auch mit sich selbst möglichst gut klar kommt.

      In diesem Sinne werde ich jetzt noch meinen Dank an Karfunkel absetzen und den Sonntag nach diesen mal "festgehaltenen Gedanken" weiter genießen.

      Essen ist ein Teil davon, aber im Moment zum Glück kein falsch verstandenes Ventil mehr für mich.

      Herzliche Grüße an alle, die gerne lesen und sich bis hierhin vor geschmökert haben.

      Meine geliebte Ma hat mir schon nebenbei am Küchentisch mit 5 Jahren das Lesen beigebracht...Sie hat gekocht, ich habe gelesen und Fragen gestellt. Buoah, war das schön...damit fing vieles schon an. Das war eine wunderschöne Zeit, hat dem "Streben" aber natürlich den Turbostart gegeben. That's life! Machen wir das Beste daraus :-)