• 04. Okt 2015 13:30
  • So, jetzt habe ich meinen eigenen Blog nochmal durchgelesen und muss sagen, dass meine geliebte Mutter dabei immer noch zu schlecht abschneidet.
    Es wird mir auf eine Art ja immer ein Rätsel bleiben, warum ich in der Zwischenzeit ein relativ dominantes Essproblem entwickelt habe.
    Vielleicht ist es aber auch in diesem Punkt so, dass dies nun mal das ist, was in meinem über weite Strecken perfekten Leben die Abweichung von der Norm darstellt und ich es deshalb besonders stark wahrnehme.

    Dadurch, dass meine Mutter mich zu einem eher angepassten und strebsamen Menschen erzogen hat, hatte ich ja eine absolut problemlose Schulzeit.
    Mein Selbstbewusstsein hat ja immerhin so weit gereicht, dass mich die wenigen Neider, die mir begegnet waren, nichts anhaben konnten.
    Im Gegenteil, ich habe mein Wissen ja gerne geteilt und -sofern sie es zugelassen haben- auch anderen Mitschülern geholfen etc..
    Ich glaube, da habe ich die feinen Übergänge zwischen Streber, Besserwisser und guter Freundin ganz gut ausbalancieren können.

    Wie war das....man möchte ja auch gerne gemocht werden....dann doch gerne, weil ich gerne helfe und nicht wegen Äußerlichkeiten.
    Das scheint eher der rote Faden zu sein, der sich durchzieht.

    Dadurch, dass Schule mir so leicht fiel, was ich definitiv meiner Mutter zu verdanken habe, hatte ich ja auch so herrliche Freiräume.
    Und wenn ich dann mal nicht angepasst war, konnte ich das spätestens als Teenager auch ebenfalls bewusst wahrnehmen und genießen.

    Aus heutiger Sicht kann ich gar nicht mehr nachvollziehen, wie mein Körper es geschafft hat, als 20-Jährige neben Studium und Ausbildung noch fast jeden Abend bis nach Mitternacht auszugehen, zu tanzen etc... und das, ohne dass die Noten dadurch schlecht geworden wären.

    Deshalb: Danke Mama...Du hast nicht viel falsch gemacht. Nur, wenn ich dauerhaft "gelitten" hätte, müssten wir uns nochmal ernsthaft unterhalten.

    In einem Abnehmforum bekommt das Körpergewicht eben doch immer mal wieder eine Bedeutung zugewiesen, die es nicht immer verdient.

    Meine Mutter kann auch absolut nichts dafür, dass ich ausgerechnet die Ernährung ausgewählt habe, um Dinge zu regulieren, die damit nichts zu tun hatten und haben. Hätte ich den Geschmack mehr gemocht, hätten es ja durchaus auch Zigaretten sein können oder Alkohol, die ich als "Ventil" benutzt habe. So wurde es halt (leider ?) die Schokolade, bzw. die Verteufelung der Schokolade, die mich ins Dilemma gebracht haben.

    Ein Besser oder Schlechter gibt es halt nicht.

    Vergleichsweise finde ich es halt nur schade, dass das Ausmaß, in dem ich Essen als Kompensation genutzt habe, nicht im Verhältnis stand zur Größe meiner (geringfügigen) Probleme.

    Das ist aber alles Geschichte. Niemand kann etwas für die Unsicherheiten in der Jugend und dass man dann zu den falschen Mitteln greift.

    Aber jeder Erwachsene kann mal über sein eigenes Verhalten nachdenken und versuchen, für sich und seine Gegenwart und Zukunft einen besseren Weg zu finden.

    Dabei war mir MM jetzt dahingehend eine Hilfe, dass ich hier wirklich nichts an Essbarem verteufeln muss und deshalb vom einen Extrem (Schokolade bis zum Abwinken) ins andere Extrem (nie wieder Schokolade) verfallen muss. Hier geht es nicht um Perfektion.
    Der Rahmen ist gesteckt als Richtwert, wie es besonders gut klappen kann. Geht es langsamer: auch o.k..

    Es ist ja auch nicht mein Ziel, nur deshalb in den Normbereich zu kommen, um eine von vielen zu sein.

    Bei allem Streben nach Perfektion war das Körperliche ja gerade das, was ich für mich über weite Strecken an dieser Stelle ausgeklammert habe.
    Frei nach dem Motto: Den perfekten Körper wirst Du ohnehin nie bekommen, dann ist es auch irgendwie egal...

    Bezogen auf meine schulischen und beruflichen Leistungen hatte ich da die wesentlich gesündere Einstellung: Toll, wenn alles gut läuft. Ich will auch, dass es gut läuft, ich tue auch etwas dafür, dass es gut läuft, aber ich mache mich auch nicht kaputt dafür.

    Es ist demnach nicht mehr das Streben nach einem perfekten Körper, das mich hier antreibt, sondern allein die rein körperlichen und praktischen Dinge. Ich verbringe meine Zeit lieber mit anderen Dingen als damit, unnötig lange nach Klamotten in passender Größe zu suchen.
    Außerdem tun Füße, Knie etc. weniger weh mit ein paar Pfund weniger.
    Wären diese Punkte nicht, würde ich hier auch nicht mitmachen. Für andere jedenfalls oder wegen Anerkennung mache ich es nicht (mehr), das ist dann wohl das Alter :-)

    Früher wollte ich diese und jene Diät möglichst perfekt durchführen. Die Wege, die uns angeboten wurden, führten aber zu sehr viel Frust und Entbehrung.

    Diese Schizophrenie war das, was mich in der Vergangenheit hat fast irre werden lassen und weshalb ich seit meiner letzten, psychisch bedingten radikalen Abnahme, nie wieder eine Diät machen wollte:

    Erst futtert man sich die Pfunde (teuer) an und dann müssen sie gewaltsam, ggf. unter hohen Kosten, mindestens aber unter hohen Mühen wieder runter. Wozu das Ganze?

    Ein schlanker Mensch ist ja kein perfekter Mensch.
    Meine engsten Bekannten und besten Freunde suche ich mir ja auch nicht nach Körpergewicht aus.
    Von niemandem erwarte ich, dass ich ihn oder sie mit weniger Pfunden besser leiden könnte.

    Da ich ja häufig den Sinn hinter Dingen hinterfrage, war dieser Art Widerspruch wohl meine Blockade.

    Während meiner bisher einzigen echten Lebenskrise konnte ich fast nichts mehr essen. Das fiel mir auch gar nicht auf...es passierte einfach.

    Stoffwechseltechnisch hat mir das zwar ordentlich geschadet. Insgesamt habe ich aber auch dadurch gesehen, dass bei mir eigentlich nur ganz normale Prozesse ablaufen und ich auf mich achten sollte.

    Für mich stand deshalb fest, dass ich mir selbst keine Entbehrungen mehr auferlegen werde, weil das Schicksal auch mir Entbehrungen auferlegen kann, die ich nicht zu 100 Prozent umgehen kann.

    Erst jetzt, wo ich MM gefunden habe, kann ich es wieder angehen, weil hier nur mein (anerzogener) Fleiß, beim Messen, Wiegen und Dokumentieren im Tagebuch gefordert ist ( Danke Mama :-) und ich ansonsten nur so weit gehen muss, bis die Knochen und Gelenke etc. weitest gehendes Wohlbefinden signalisieren. Ich taste mich ran.

    Und jetzt der letzte Punkt der Dankbarkeit an meine Mutter und Familie für heute:
    Ich bin mit ganz viel Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten groß geworden. Davon und den damals gesetzten Vorlieben profitiere ich im Moment sehr!

    Mehr später. Jetzt geht es an die frische Luft! Ein schöner Tag!