• 30. Mai 2010 10:03
  • „Ihr seid doch verrückt!“, schrie Lena, als ihr klar wurde, dass sie den Song Contest gewonnen hatte. Ja, wir sind verrückt. Europa ist verrückt. Lenaverrückt! Die Nacht des Lena-Wahnsinns in Oslo. Lesen Sie mit, singen Sie mit: Satellite!

    Wir sind Song-Meister! Wir sind Lena! Ganz Deutschland fieberte gestern mit Lena Meyer-Landrut (19) beim „Eurovision Song Contest“. Kurz nach Mitternacht stand fest: 28 Jahre nach dem Sieg von Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ begeisterte wieder ein deutsches Mädchen Europas Herzen. Die Türkei wurde verdient Zweiter, Rumänien Dritter.

    Ja, wir sind Lena!

    Heute morgen um 00.11 Uhr geschieht das Unglaubliche: Deutschland gewinnt nach 28 Jahren und zum zweiten Mal überhaupt den „ Eurovision Songcontest 2010“. Lena Meyer-Landrut (19) singt sich mit ihrem Song „Satellite“ in die Herzen Europas.

    Um 22.36 Uhr kommt Lena auf die Bühne der „Telenor Arena“ in Oslo. Schon die ersten Takte ihres Songs „Satellite“ (bisher 700000 Mal verkauft) reißen das Publikum zu Szenenapplaus hin. Lena trägt wie immer ihre Kette mit dem Taizé-Anhänger und ein „klassisches“ kleines Schwarzes. Diesmal variiert sie ihr Outfit mit dunkelroten Lippenstift und High Heels. Sie wirkt so selbstbewußt, als habe sie das Wort „Lampenfieber“ nie zuvor gehört.

    Lena trifft bei ihrem von ganz TV-Deutschland seit Wochen herbeigesehnten Auftritt jeden Ton. Im Gegensatz zu früheren Live-Konzerten hat man den Eindruck, dass ihr mehr Puste bleibt und ihre Stimme kraftvoller ist. Nicht so manch andere Kandidaten des Abends, die vom Proben, Party- und Pressemarathon geschwächt scheinen.

    Rakete Lena gibt Schub, bis zum „Satellite“!

    Sie hat sichtlich Spaß und das Publikum spaßt hörbar mit. Am Ende brandet tosender Applaus auf, Lena lacht – ein bisschen wie erlöst – und ruft: „Danke, thank you.“

    Um 0.04 Uhr stellt ARD-Kommentator Peter Urban sachlich fest: „Lena ist jetzt nicht mehr einholbar!“ Und der Wahnsinn ist Fakt geworden.

    Immer wieder sehen die TV-Zuschauer, wie die Kamera in die deutsche Ecke schwenkt; wir sehen eine unsere neue Song-Kaiserin, die bei jeder Höchstpunktzahl immer fassungsloser die Hände vors Gesicht schlägt. Zur Halbzeit (Punktestand 134) gibt sie eine Live-Interview auf Englisch – natürlich spricht sie noch nicht vom Sieg, aber man sieht ihr schon zu diesem Zeitpunkt an, dass sie ihn für möglich hält.

    Wunder geschehn.

    Und so fing Lenas Wundertag an: Der öffentliche Startschuss für die bislang bedeutendste Nacht der Lena Meyer-Landrut erfolgte um 12.28 Uhr. Zusammen mit Bodyguard und Managerin verlässt sie gut gelaunt das Hotel „Radisson Blu“ am Hauptbahnhof, um zur letzten Generalprobe in die Arena zu fahren. Sie war bereits im Hotel geschminkt worden: Schneewittchen-Teint und roter Lippenstift. Sie trug ein graues Kapuzen-Sweatshirt, weite Jeans mit Löchern, pinkfarbene Turnschuhe. Beim Einsteigen in den Bus lächelte sie, schien überhaupt nicht aufgeregt. „Nicht so viel denken, atmen, noch was trinken, und das war’s“, beschrieb Lena ihre letzten Minuten vor dem Auftritt mit Startnummer 22.

    Auf Platz 2 landet am Ende des Abends die Türkei mit 170 Punkten, gefolgt von Rumänien mit 162 Punkten.

    Der „Eurovison Song Contest“ war dieses Jahr eine tolle Show – immerhin die Königsdisziplin der Sangeskunst. Darum wohl saßen auch Norwegens Kronprinz Haakon und Ehefrau Mette Marit unter den 18000 Zuschauern in der Halle.

    Gleich zu Beginn, beim zweiten Beitrag, hatte der Contest allerdings seinen ersten Skandal: Millionen sahen, wie während des Auftritts von Spanier Daniel Diges (29) um 21.14 Uhr ein Mann mit roter Mütze und T-Shirt mit dem Aufdruck „Jimmyjump.com“, der die Bühne stürmte und mittanzte. Saalordner stoppten ihn viel zu spät, schleppten ihn davon. „Jimmy Jump“, bürgerlich Jaume Marquet Cot (35), Außendienstmitarbeiter eines Buchverlages und Profi-„Streaker“ (kein „Flitzer“, die ziehen sich auch aus!) mit eigener Website. Der Spanier stürmte schon EM-Fußballspiele und Tennismatches. „Ich tue niemandem etwas, laufe nie nackt, ich will die Menschen einfach nur zum Lachen bringen.“ Seine Mission war misslungen – und der spanische Wuschelkopf Daniel Diges durfte seinen Song „Algo Pequenito“ am Ende noch einmal singen.

    Vor Beginn der Show hatte Lena noch per Live-Schalte nach Hamburg gegrüßt: „Ich bin voll aufgeregt. Ich hab voll Bock.“ Nicht so viel Bock machte Safura (17) den Zuschauern. Sie ging um 21.10 Uhr als erste Teilnehmerin für Aserbaidschan ins Rennen. Ihr Song „Drip Drop“ tröpfelte leider nur dahin. Nach dem Auftritt von Daniel Diges blieb Titelverteidiger Norwegen mit Startnummer 3 und der saccharinsüßen Ballade „My Heart is Yours“ von Didrik Solli-Tangen (21) überall kleben, aber nicht im Gedächtnis der Zuschauer. Außerdem erwähnenswert ist, wie der Belgier Tom Dice (20) in bester James-Blunt-Manier „Me and my guitar“ hauchte. Das Publikum klatschte mit, jubelte begeistert. Weitere Highlights: Klassisch der Song „It’s for you“ von Niamh Kavanagh (41) – Balladen können die Iren! Chanée (31) und N’Evergreen (40) gaben für Dänemark „In a Moment like this“ zum Besten.

    Ein Moment wie dieser, ein ganz besonderer Moment: Lena hat ihn erlebt – und wir alle waren mit dem Herzen bei ihr.

    Quelle: www.bild.de